Die Wiederentdeckung der NS-Krankenmorde. Die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der NS-„Euthanasie“ in den 1970er und 1980er Jahren.
12. Oktober 2023 bis 14. Oktober 2023
Tagungsort: Gedenkstätte Hadamar
Veranstalter: Dr. Esther Abel, PD Dr. Jan Erik Schulte (Gedenkstätte Hadamar), Prof. Dr. Volker Roelcke (Institut für Geschichte der Medizin, Justus-Liebig-Universität Gießen), Prof. Dr. Maike Rotzoll (Institut für Geschichte der Pharmazie und Medizin, Philipps-Universität Marburg)
Die nationalsozialistischen Krankenmorde gehören zum Kern der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik, wurden allerdings über Jahrzehnte verdrängt. Obgleich es unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkrieges erste Gerichtsprozesse und frühe Studien gegeben hatte, erfolgten danach nur noch sporadisch Versuche der Auseinandersetzung mit den Verbrechen, denen nach heutigem Kenntnisstand etwa 300.000 Menschen zum Opfer gefallen waren. Erst in den 1970er und 1980er Jahren wurde die NS-„Euthanasie“ quasi „wiederentdeckt“, wurde in unterschiedlichen Fachdisziplinen und in einer zunehmend breiteren Öffentlichkeit über Voraussetzungen, Strukturen, Verantwortliche, Opfer und Kontinuitäten diskutiert. Dabei weist der Beginn der umfangreichen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung deutliche zeitliche Parallelen mit der Psychiatriereform in Westdeutschland auf. Die vorgesehene wissenschaftliche Konferenz will mit dem herausfordernden Begriff der „Wiederentdeckung“ die Umstände der gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit der NS-„Euthanasie“ in den 1970er und 1980er Jahren und deren Wechselspiel mit der Psychiatriereform untersuchen.
Teilnahme nur nach vorheriger Anmeldung. Bitte Angabe, an welchen Tagen die Teilnahme erwünscht ist.
Ein Unkostenbeitrag von 20 Euro (bei eintägiger Teilnahme 10 Euro) ist vor Ort zu entrichten. Schülerinnen und Schüler, Studierende und Beziehende von Bürgergeld sind hiervon ausgenommen.
Anmeldeschluss: 06.10.2023
Anmeldung an: gedenkstaette-hadamar@lwv-hessen.de
Bitte „Teilnahme Tagung Wiederentdeckung“ in Betreffzeile schreiben.
Der öffentliche Abendvortrag von Hans-Walter Schmuhl wird auch live auf unserem YouTube-Kanal übertragen.
Programm
Donnerstag, 12. Oktober 2023
- 13:00 Uhr
Anmeldung - 14:00 Uhr
Begrüßung und Einführung - 14:45-16:15 Uhr
Sektion 1: Neue Anstöße
Sebastian Schönemann (Hadamar): Die nationalsozialistische „Euthanasie“ als mediales Bild – Zur Darstellung der Tötungsanstalt Hadamar im Fernsehfilm „Holocaust“ (1979)
Katharina Rauschenberger (Frankfurt a. M.): Defa-Film und Sachbuch. Friedrich Karl Kaul als öffentliche Stimme der DDR zum NS-‚Euthanasie‘-Programm - 16:15 Uhr
Kaffeepause - 16:45-18:15 Uhr
Florian Schmaltz (Berlin): Scientology, die Max-Planck-Gesellschaft und die Auseinandersetzungen um die Vergangenheit der NS-Psychiatrie und die Hirnforschung an NS-„Euthanasie“-Opfern
Maike Rotzoll (Marburg): Hilde Steppe, die Pflegegeschichte und der Nationalsozialismus - 18:15 Uhr
Imbiss - 19:30-21:00 Uhr
Öffentlicher Abendvortrag (auch live auf unserem YouTube-Kanal)
Hans-Walter Schmuhl (Bielefeld): Ernst Klee und die Wiederentdeckung der NS „Euthanasie“. Wechselwirkungen zwischen Journalismus, Öffentlichkeit und Wissenschaft.
Freitag, 13. Oktober 2023
- 9:00 Uhr
Begrüßung - 9:15-11:45 Uhr
Rundgänge Gedenkstätte Hadamar - 11:45 Uhr
Mittagspause - 13:15-14:00 Uhr
Einführungsvortrag Tag 2
Felicitas Soehner (Düsseldorf): Die Rolle der NS-Medizin für die Psychiatriereform - 14:00 Uhr
Kaffeepause - 14:15-15:45 Uhr
Sektion 2: Historische Annäherungen
Volker Roelcke (Gießen): Formen der Historiographie zur Psychiatrie im Nationalsozialismus
Jonas Schmidt (Essen): „Beiträge zur nationalsozialistischen Gesundheits- und Sozialpolitik“. Entstehung, Programm und frühe Rezeption. - 15:45 Uhr
Kaffeepause - 16:15-17:45 Uhr
Sektion 3: Gesellschaftliche Akteure
Sascha Topp (Berlin): Die Betroffenen nationalsozialistischer Medizinverbrechen und die erste Aufarbeitung „von unten“ um 1980
Uwe Kaminsky (Greifswald/Berlin Charité): Zögernde Aufklärung. Die christlichen Kirchen und die Auseinandersetzung mit der NS-„Euthanasie“ in den 1970er und 1980er Jahren - 17:45 Uhr
Pause - 18:00-19:30 Uhr
Podiumsgespräch mit Zeitzeugen: Dirk Blasius (Essen), Matthias Hamann-Roth (Hannover), Ralf Seidel (Mönchengladbach), Michael Wunder (Hamburg).
Samstag, 14. Oktober 2023
- 9:00 Uhr Begrüßung
Sektion 3: Gesellschaftliche Akteure (Fortsetzung) - 9:15-10:00 Uhr
Petra Fuchs (Berlin): „…müssen wir uns unsere Erinnerungsdaten selbst schaffen“ – Die NS-„Euthanasie“ im Spiegel der deutschsprachigen Behindertenbewegung. - 10:00 Uhr
Kaffeepause - 10:15-11:45 Uhr
Sektion 4: Erinnerungskultur
Thomas Lutz (Berlin): Von Erinnerungs-Initiativen zu etablierten Gedenkstätten: Gesellschaftliche und historische Aufarbeitung der NS-„Euthanasie“-Verbrechen während der 1980er Jahre
Esther Abel, Jan Erik Schulte (Hadamar): Die Institutionalisierung der Gedenkstätte Hadamar. Akteure, Handlungsebenen, Öffentlichkeit - 11:45-12:30 Uhr
Abschlussdiskussion und Ende der Tagung
Auf der Veranstaltung werden Film- und Tonaufnahmen sowie Fotos gemacht, mit deren auch späteren Verwendung sich die Besuchenden durch den Besuch der Veranstaltung einverstanden erklären.