Maria Czimochowska – „(…) sie habe wieder solche Sehnsucht nach Warschau“ *
Am 16. Juni 1944 starb Maria Czimochowska in der „Euthanasie“-Tötungsanstalt Hadamar. Sie gehört zu jenen Menschen, über die wir nicht mehr viel wissen. Hinweise auf ihr Leben gibt uns nur noch ihre Krankenakte.
Anfang Mai 1940 wurde Maria in die brandenburgische Landesanstalt Görden eingewiesen. Sie war zu diesem Zeitpunkt 32 Jahre alt. Der Grund für die Einweisung geht aus ihrer Akte nicht mehr eindeutig hervor. Wir erfahren lediglich, dass sie vor ihrer Einweisung einige Zeit als Hausangestellte in Rietz arbeiten musste. Schnell plagte sie dort das Heimweh nach Warschau. Maria war als polnische Zwangsarbeiterin nach Deutschland gekommen.
Der Arzt in Görden hielt in seinen Aufzeichnungen fest, dass eine Verständigung mit ihr nahezu unmöglich sei. Maria sprach nur polnisch. Eine polnisch sprechende Patientin versuchte daraufhin zu dolmetschen. Ihr erzählte Maria, dass sie zuvor in Warschau gelebt habe und „durch die Bomben wäre sie verrückt geworden.“ Sie habe ein Haus gehabt, welches durch deutsche Flieger in Brand gesetzt wurde. Inwiefern dies zutraf, bleibt ungewiss. Bei der körperlichen Untersuchung wurde jedoch vermerkt, dass Maria Brandwunden im Gesicht und an den Händen hatte. Als Diagnose wurde schließlich eine psychische Erkrankung festgehalten.
Nach nur drei Wochen wurde Maria in die Anstalt Teupitz verlegt. Von hier ging es im Sommer 1942 in die hessische Anstalt Eichberg. Im Herbst 1943 kam sie nach Weilmünster. Auch hier blieb sie nicht lange. Während sie in Teupitz in der Waschküche arbeitete und als „fleißig“ galt, schien sich ihr Zustand in Eichberg und Weilmünster rapide zu verschlechtern.
Im Juni 1944 wurde sie schließlich mit vier weiteren Patientinnen und Patienten nach Hadamar verlegt – sie galten alle als psychisch erkrankte Zwangsarbeitende. Laut den Eintragungen in ihren Krankengeschichten sollte von Hadamar aus der „Abtransport in die Heimat“ erfolgen. Innerhalb Hessen-Nassaus galt Hadamar zeitweise als Sammelstelle für solche Rückverlegungen. Während die meisten von ihnen genau wie Maria stattdessen im Zuge der „Euthanasie“ ermordet wurden, sind wenige tatsächlich weiterverlegt worden. Bis heute lässt sich nicht klären wohin sie gebracht wurden, aller Wahrscheinlichkeit nach jedoch nicht in ihre Heimat.
Wir veröffentlich in der Kampagne #Hadamar1942Bis1945 Biografien der Verfolgten und Ermordeten der „dezentralen Euthanasie“ zwischen 1942 und 1945. Hier finden sich alle bisher veröffentlichten Biografien.
* Auszug aus der Krankengeschichte der Anstalt Görden, LWV-Archiv, K 12, Nr. 411
Quellen:
LWV-Archiv, K 12, Nr. 411
Sterbeurkunde Maria Czimochowska, 2.2.2.2./76725180/ITS Digital Archive, Arolsen Archives