Ein wichtiges Dokument zur NS-„Euthanasie“ ist das sogenannte „Ermächtigungsschreiben“, mit dem die Nationalsozialisten informell die Freigabe zur Ermordung von Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen gaben. Unterzeichnet von Adolf Hitler, war der Wortlaut des Schreibens:
»Reichsleiter Bouhler und Dr. med. Brandt sind unter Verantwortung beauftragt, die Befugnisse namentlich zu bestimmender Ärzte so zu erweitern, daß nach menschlichem Ermessen unheilbar Kranken bei kritischster Beurteilung ihres Krankheitszustandes der Gnadentod gewährt werden kann.«
Das sogenannte „Ermächtigungsschreiben“ soll laut des Stempels in der oberen rechten Ecke des Dokuments am 1. September 1939 von Adolf Hitler unterzeichnet worden sein. Ein historisches Datum, denn am 1. September marschierten deutsche Soldaten in Polen ein. Damit begann der Zweite Weltkrieg.
Tatsächlich unterzeichnete Hitler das Schreiben erst später im Herbst 1939, ein genaues Datum ist nicht bekannt. Dabei wurde das Dokument zurückdatiert. Die Datierung auf den Beginn des Krieges geschah wohl aus symbolischen Gründen.
Der dort genannte „Gnadentod“ war eine Umschreibung für den folgenden Massenmord an über 70.000 Anstaltspatientinnen und -patienten im Rahmen der „Aktion T4“. Auch Hadamar wurde im Januar 1941 zur Tötungsanstalt dieses Mordprogramms: in acht Monaten ermordete medizinisches Personal in der angeblichen Landesheilanstalt über 10.000 Patientinnen und -patienten.
Anders als später häufig behauptet, besaß das Schreiben keine rechtliche Bewandtnis – es war kein Gesetz. Auch in den folgenden Jahren gab es keine offizielle Veröffentlichung im Reichsgesetzblatt und somit auch NS-rechtlich keine Grundlage für den systematischen Massenmord an deutschen Anstaltspatientinnen und -patienten. Sowohl das Schreiben, als auch die später durchgeführte „Euthanasie“ sollte geheim gehalten werden.