Erinnern an das Leid der Opfer

Mit seiner Gründung 1953 trat der Landeswohlfahrtsverband (LWV) Hessen ein schweres Erbe an. Er übernahm von seinen Rechtsvorgängern Einrichtungen, die von den Nationalsozialisten für die Ermordung von kranken und behinderten Menschen missbraucht worden waren.

Alle psychiatrischen Krankenhäuser in Hessen sowie die damalige Heilerziehungsanstalt Kalmenhof in Idstein waren in die nationalsozialistischen „Euthanasie“-Verbrechen eingebunden.

Farbfotografie einer braunen Gedenktafel, die in eine Wand eingelassen ist. Es wird der Effekt erzeugt, als wäre die Tafel aus Glas und hätte einen großen Sprung. Die Inschrift lautet "Zur Erinnerung an die Opfer der "Euthanasie", der Zwangssterilisation und anderer Gewaltverbrechen der Nationalsozialisten in hessischen Kranken- u. Fürsorgeanstalten 1933-1945. Ihr Leiden und Tod ist uns Mahnung."
Gedenktafel im Ständehaus, dem Hauptsitz des LWV Hessen. Foto: LWV Hessen/Uwe Zucchi

Mehr als 20.000 Menschen ermordet

Mehr als 20.000 Menschen wurden von 1941 bis 1945 getötet: mit Gas, Medikamenten oder durch Aushungern. Viele Einrichtungen dienten zudem als sogenannte Zwischen- und Sammelanstalten, um die Menschen in die Gasmordanstalt Hadamar, in weitere Mordanstalten oder Konzentrationslager zu deportieren.

Die damalige Landesarbeitsanstalt Breitenau wurde 1933 als frühes Konzentrationslager missbraucht. Seit Ende der 1930er-Jahre diente Breitenau als sogenanntes Arbeitserziehungslager der Gestapo für mehrere Tausend ausländische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter und als Sammellager zur Überführung in Konzentrations- und Vernichtungslager.

Orte des Mahnens

Die Gedenkstätte Hadamar ist der zentrale hessische Ort für die Gedenk- und Erinnerungsarbeit des LWV. 1953 setzte der Bezirkskommunalverband Wiesbaden im Eingangsbereich der ehemaligen Tötungsanstalt mit einem Gedenkrelief ein erstes Erinnerungszeichen. Ab 1964 wurde auf den Flächen, auf denen die Getöteten in Massengräbern verscharrt worden waren, eine Gedenklandschaft gestaltet. Eine Stele mit der Aufschrift „Mensch achte den Menschen“ steht dort. 1983 wurde eine erste Ausstellung eröffnet, 1991 entstand erstmals eine Dauerausstellung. Im Ständehaus in Kassel, dem Sitz der Hauptverwaltung des LWV Hessen, erinnert seit 1991 eine Gedenktafel an die „Opfer der ‚Euthanasie‘, der Zwangssterilisation und anderer Gewaltverbrechen der Nationalsozialisten in hessischen Kranken- und Fürsorgeanstalten 1933 – 1945“.

Die Gedenkstätte Hadamar arbeitet derzeit an einer grundlegenden Neukonzeption ihrer Ausstellung. Sie wird künftig erheblich erweitert und wird sich auf beide Flügel der ehemaligen Landesheilanstalt erstrecken. An den Kosten beteiligen sich auch das Land Hessen und die Bundesrepublik Deutschland.

Weitere Gedenkorte befinden sich an den Standorten der Tochtergesellschaften der LWV-eigenen Holding Vitos GmbH in Bad Emstal, Eltville, Friedrichsdorf, Gießen, Haina, Heppenheim, Herborn, Idstein, Marburg, Riedstadt und Weilmünster sowie am Hauptsitz des LWV Hessen im Ständehaus in Kassel. Auch in Breitenau befindet sich heute eine Gedenkstätte, deren Arbeit der LWV unterstützt.

Die Gedenkarbeit des LWV wird durch den Fachbereich Archiv, Gedenkstätten, Historische Sammlungen flankiert und wissenschaftlich betreut.

Weitere Informationen finden Sie in dem Buch (PDF-Download)
GESCHICHTE UND GEDENKEN – Orte der „Euthanasie“-Verbrechen in Hessen, LWV Hessen und Vitos GmbH (Hrsg.), Kassel 2019, ISBN 978-3-89203-047-8.