Ort gesellschaftlicher Ausgrenzung

Schwarz-Weiß-Zeichnung der Gebäudefront eines großen Gebäudes mit dem Titel "Korrigenden-Anstalt zu Hadamar"
Zeitgenössische Darstellung der Hauptansicht der „Korrigenden-Anstalt zu Hadamar“, um 1890. Foto: Zeitschrift des Architekten- und Ingenieur-Vereins zu Hannover, Jahrgang 1890, Heft 3, Blatt 9, Fig. 1

Im Jahr 1883 wurde die „Corrigendenanstalt zu Hadamar“ eröffnet. Hierzu hatte die preußische Provinz Hessen-Nassau ein neues Gebäude am Rand der Stadt Hadamar errichten lassen, in dem sich heute die Gedenkstätte befindet. Auch das benachbarte ehemalige Franziskanerkloster, das ebenfalls noch steht, gehörte zu dem neuen Anstaltskomplex auf dem sogenannten Mönchberg in Hadamar.

Eine andere Bezeichnung für Corrigendenanstalt lautete Arbeitshaus. Solche Einrichtungen gab es in vielen Regionen des Deutschen Reiches und auch in vielen Staaten Europas.

In die Corrigendenanstalt zu Hadamar wurden überwiegend Menschen eingewiesen, die gesellschaftlich ausgegrenzt waren. Hierzu gehörten beispielsweise Bettler, Landstreicher und Prostituierte. Üblicherweise hatten sie zuvor wegen kleinerer Delikte in Haft gesessen. Nach der Verbüßung ihrer Strafe wurden sie, ohne ein weiteres Gerichtsurteil, in die Arbeitshäuser eingewiesen.

Im Jahr 1887 erreichte die Anstalt ihre Höchstbelegung: In diesem Jahr saßen dort 225 Männer und 110 Frauen ein. Die Männer hatten überwiegend als Tagelöhner oder Handwerker gearbeitet, bevor sie wohnungs- oder arbeitslos geworden waren. Viele Frauen hatten zeitweilig in häuslichen Diensten gestanden. Während die Männer in der Regel über 30 Jahre alt waren, zählten die Frauen zwischen 20 und 30 Jahre. Als Aufseher dienten häufig ehemalige Soldaten, die auf Disziplin achteten und oft wechselten.

Der Alltag in der Corrigendenanstalt war streng reglementiert und von großem Zwang geprägt. Ziel war es, die Insassinnen und Insassen durch Arbeit zu „korrigieren“. Schwere oder stumpfsinnige Arbeiten mussten durchgeführt werden. Für Vergehen konnte der Anstaltsleiter Essensentzug oder die Verlängerung der Inhaftierung anordnen. Auf die individuellen Lebensumstände und Bedürfnisse wurde kaum eingegangen. Letztendlich konnten nur wenige Insassinnen und Insassen nach dem Anstaltsaufenthalt auf Dauer in eine Arbeitsstelle vermittelt werden.

Da die Belegung immer weiter zurückging, wurde die Anstalt 1906 geschlossen. Anschließend wurde das Gebäude als Landesheilanstalt genutzt.

Literatur: Christina Vanja, Die Hadamarer „Corrigendenanstalt“ (1883–1906), in: Uta George u. a. (Hg.), Hadamar. Heilstätte – Tötungsanstalt – Therapiezentrum, Marburg 2006, S. 56–77.