Wahlseminar 'Begegnung mit Auschwitz - Ansprechen wofür es keine Worte gibt'
Bald müssen wir uns schon wieder von unseren beiden Freiwilligen verabschieden, die unsere Arbeit in der Gedenkstätte Hadamar das letzte Jahr tatkräftigt unterstützt haben. Unsere FSJlerin Alina Stodz berichtet heute von einem besonderen Seminar, das sie im Mai 2022 besucht hat:
„Jedes Jahr haben die Freiwilligen, die bei der ijgd ihren Freiwilligendienst absolvieren, die Möglichkeit, sich für eines der zahlreichen Wahlseminare zu entscheiden. Im Rahmen eines Wahlseminars kommen Freiwillige aus den unterschiedlichsten Programmen und Einsatzstellen der IJGD zusammen und beschäftigen sich eine Arbeitswoche lang intensiv mit einer ausgewählten Thematik. Ich habe mich für das Wahlseminar ,,Begegnung mit Auschwitz – Ansprechen, wofür es keine Worte gibt“ entschieden, das vom 8. bis zum 13. Mai 2022 stattfand. Diese Gedenkstättenfahrt wurde von der ijgd in Kooperation mit der Stätte der Begegnung organisiert.
Den Großteil unserer Fahrt befanden wir uns in der Stadt Oświęcim. Die Führungen durch die unterschiedlichen ehemaligen Lagerkomplexe von Auschwitz waren sehr beeindruckend. In Auschwitz-Birkenau sind mir erst wirklich die gewaltigen Dimensionen des hier Geschehenen bewusst geworden. Auschwitz ist ein verunsichernder Ort. Ein Ort, an dem die Gleichwertigkeit von Menschen in Frage gestellt wurde. Eine Warnung davor, was passieren kann, wenn wir uns nicht gegenseitig achten.
Im Rahmen der Fahrt hatten wir auch die Möglichkeit, die Ausstellung des Malers und Holocaust-Überlebenden Marian Kołodziej in Harmęże zu besuchen. Die Ausstellung hat mich sehr ergriffen. Sie ist in Gestalt eines Labyrinths aufgebaut. Kołodziej hat versucht, seine Erfahrungen auf seine ganz eigene Weise zu verarbeiten. Ein Schlaganfall 1992 bewirkte eine Wende im Umgang mit seiner Vergangenheit. Er begann, seine Erinnerungen mit Bleistift aus sich „heraus zu zeichnen“, in einer großen Fülle von Skizzen. Es ist ein künstlerisches Zeugnis des Leidens und der Erniedrigung der Häftlinge.
Ein besonderer Höhepunkt war für mich der Abschluss in der wunderschönen Stadt Krakau, wo wir die Möglichkeit bekamen, an einem Zeitzeuginnengespräch mit Monika Goldwasser (*1941) teilzunehmen. Im Alter von sieben Monaten wurde sie von ihren Eltern in ein Frauenkloster gegeben, um sie vor der Ermordung durch die Nationalsozialisten zu beschützen. Später wurde sie von einem polnischen Ehepaar adoptiert und zog nach Krakau. Sie sah erst mit 50 Jahren zum ersten Mal ein Bild ihrer leiblichen Mutter. Wir durften Frau Goldwasser Fragen stellen, die durch eine Dolmetscherin übersetzt wurden. Zusammenfassend war es eine von Emotionen und ergreifenden Geschichten geprägte Reise an einen verunsichernden Ort, die mir noch lange in Erinnerung bleiben wird.“