Bald nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 wurde die Heilerziehungsanstalt Kalmenhof in Idstein nach nationalsozialistischen Vorstellungen ausgerichtet. Zuvor stand die Erziehung und Ausbildung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen im Vordergrund. Nun wurden diese in der überfüllten Einrichtung nur noch verwahrt und unzureichend betreut, während man ihre Arbeitskraft ausbeutete. Viele wurden außerdem Opfer der Zwangssterilisationen.
Der Kriegsbeginn stellte einen weiteren Einschnitt auf dem Kalmenhof dar. Bereits ab Oktober 1939 erhöhte sich die Zahl der Todesfälle erheblich.
Im Zuge der „Aktion T4“ erhielt der Kalmenhof die Funktion einer „Zwischenanstalt“ für die Tötungsanstalt Hadamar. In dieser „Zwischenanstalt“ wurden die zur Ermordung bestimmten Patientinnen und Patienten gesammelt. Zwischen Januar und Juli 1941 deportierten die Verantwortlichen über 700 Personen von und über Idstein nach Hadamar, wo sie ermordet wurden.
Ende 1941 entstand im Kalmenhof eine sogenannte „Kinderfachabteilung“. Diese „Fachabteilungen“ gab es in vielen Anstalten und Kliniken im Deutschen Reich. Ärztinnen, Ärzte und Pflegekräfte töteten dort mit überdosierten Medikamenten oder Nahrungsentzug Kinder und Jugendliche, die als behindert stigmatisiert wurden. Im Kalmenhof war die „Kinderfachabteilung“ zunächst im Dachgeschoss des Krankenhausgebäudes der Anstalt untergebracht. Tatsächlich mordete das medizinische Personal auch außerhalb der „Kinderfachabteilung“ im Rahmen der sogenannten „dezentralen Euthanasie“.
In der Zeit von Kriegsbeginn bis 1945 fielen auf dem Kalmenhof über 700 Menschen den NS-„Euthanasie“-Verbrechen zum Opfer.
Die Gedenkstätte Hadamar informiert hier und auf Facebook in regelmäßigen Abständen über die Geschichte des Kalmenhofs in der Zeit des Nationalsozialismus und die Entwicklung des „Gedenk- und Lernortes Kalmenhof“ in Idstein.
Foto: Die Fotografie zeigt das Krankenhausgebäude, um 1930. LWV-Archiv, F 81, Nr. 693.