Am 5. Dezember 2022 besuchten Prof. Tomonori Akashi und David Chwila die Gedenkstätte Hadamar. Herr Chwila und Prof. Akashi arbeiten als Historiker an der Kuyushu University in Fukuoka in Japan. Der Besuch stand im Zusammenhang mit einer Reise zu Archiven in mehreren europäischen Staaten. Die beiden Forscher beabsichtigen, Näheres über die jeweiligen Bedingungen, Möglichkeiten und Formen der Bestandsnutzung zu erfahren. Das Forschungsprojekt an ihrer Heimatuniversität in Fukuoka befasst sich mit der Auswertung von 160.000 historischen Patientinnen- und Patientenakten, die vor einigen Jahren in diversen Kellerräumen der medizinischen Fakultät wiederentdeckt wurden und größtenteils aus der Zeit vor 1945 stammen. Die Akten wurden überwiegend von der psychiatrisch-neurologischen Abteilung der Universitätsklinik angelegt. Damit stellen die überlieferten Akten eine Rarität dar, weil mit Ausnahme der Universität Kyushu an keiner der großen staatlichen Universitäten Japans überhaupt noch Patientinnen- und Patientenakten der Universitätskliniken aus der Zeit vor 1945 erhalten sind. Auch landesweit sind Bestände aus der Vorkriegszeit oft nur fragmentarisch überliefert. Neben der Auswertung der Akten geht es in dem Projekt von Tomonori Akashi auch um die Zugänglichmachung und Nutzung der Akten für die (forschende) Öffentlichkeit, da es in Japan bislang keine gesetzlichen Regelungen zum archivischen Umgang mit patientenbezogenen Akten gibt.
In Hadamar konnten sich die beiden Gäste ein Bild von der Gedenkstätte und der Sammlung machen und sich mit uns über den Umgang mit historischen Patientinnen- und Patientenakten austauschen. Ein Beispiel der Akten konnte leider nur digital vorgelegt werden, da sich der Aktenbestand in Hadamar aufgrund von Schädlingsbefall derzeit zur Reinigung bei einer externen Firma befindet. Zur Besichtigung eines Magazins mit “echten” Akten sind Tomonori Akashi und David Chwila am Tag darauf in das Hauptarchiv des Landeswohlfahrtsverbandes nach Kassel gefahren, um mit dem Archivleiter Dr. Dominik Motz das Magazin zu besichtigen und über rechtliche Aspekte der Aktennutzung zu sprechen.