
Der „Arbeitskreis zur Erforschung der nationalsozialistischen „Euthanasie“ und Zwangssterilisation“ besteht seit 1983 und wurde ursprünglich von haupt- und nebenamtlichen Forscherinnen und Forschern unterschiedlicher Fachrichtungen, meist aus dem Gesundheitswesen geprägt, die die Geschichte der NS-„Euthanasie“ aufklären wollten. Heute besteht der AK aus Krankenpflegekräften, Ärztinnen und Ärzten, Theologinnen und Theologen, Historikerinnen und Historikern, Juristinnen und Juristen, Gedenkstättenmitarbeitenden, Pädagoginnen und Pädagogen, Psychologinnen und Psychologen, Soziologinnen und Soziologen und Fachjournalistinnen und -journalisten. Die Mitglieder treffen sich regelmäßig an verschiedenen Gedenk- oder Täterorten. Unsere wissenschaftliche Dokumentarin Dr. Esther Abel hat in diesem Jahr am AK in Hartheim teilgenommen.
Nachdem mit der Frühjahrstagung 2023 in Berlin das 40-jährige Bestehen des Arbeitskreises begangen worden war, fand die Herbsttagung diesmal in der einzigen österreichischen „Euthanasie“-Gedenkstätte statt. Im Schloss Hartheim wurde im Jahr 1940 eine von sechs „T4“-Tötungsanstalten eingerichtet, außerdem fand u. a. dort die „Aktion 14f13“ statt, wo KZ-Häftlinge aus Dachau, Ravensbrück und Mauthausen ermordet wurden, die von Gutachtern für eine „Sonderbehandlung“, also Ermordung, ausgewählt worden waren, wenn es sich um körperlich oder seelisch kranke, arbeitsunfähige Häftlinge handelte. Eine weitere in Hartheim ermordete Gruppe waren zivile Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus Osteuropa und der Sowjetunion. Zwischen 1940 und 1944 wurden in Hartheim insgesamt mindestens 27.000 Menschen ermordet.
Die Herbsttagung in Hartheim begann mit einer Führung durch die Ausstellung „Wert des Lebens“. Ein Highlight war eine Diskussionsrunde mit Gestalterinnen und Gestaltern ganz zu Beginn des heutigen Lern- und Gedenkortes Hartheim, unter ihnen der Journalist Walter Kohl, der seinerzeit einen der Hartheimer Tötungsärzte interviewt hat. Neben vielen interessanten laufenden oder abgeschlossenen Projekten, die vorgestellt wurden, hielt Dr. Michael Wunder einen Vortrag zu Möglichkeiten und Problemen aktueller Biopolitik.
Die Treffen des AK sind jedesmal eine große Bereicherung und eine tolle Möglichkeit, auf fachlicher und persönlicher Ebene Einblick in die Arbeiten der anderen Lern- und Gedenkorte zu erhalten und sich mit Kolleginnen und Kollegen zu vernetzen. Das AK-Treffen im Frühjahr 2024 wird im kbo-Isar-Amper-Klinikum in München-Haar stattfinden.