Margarete wurde im Sommer 1907 geboren und war eines von insgesamt vier Kindern. Margarete machte keinen Schulabschluss. Bis sie 21 Jahre alt war, arbeitete sie im Geschäft ihrer Eltern. Ihr Vater war Schneider. 1930 bekam sie ihr erstes Kind, eine Tochter. Im gleichen Jahr beging ihr Vater Selbstmord. Ein Jahr später heiratete Margarete in Wetzlar den Arbeiter Karl B. Zusammen bekamen sie einen Sohn. Die Ehe war schwierig, wiederholt soll es Streit um die voreheliche Tochter gegeben haben.
Im April 1940 wurde ihr Ehemann als Soldat eingezogen. Zunehmend zerbrach die Beziehung. Schon bald beschuldigten sie sich gegenseitig der Untreue. Im gleichen Jahr stellte das Jugendamt die Kinder unter „Fürsorgeerziehung“. Über Margarete hatten sich Gerüchte verbreitet: sie habe die Kinder stark vernachlässigt und sich lieber mit Soldaten „vergnügt“. Zudem sei sie geschlechtskrank. Daraufhin wurde Margarete als „Gefahr für die Öffentlichkeit“ eingestuft und im Dezember 1940 in die Anstalt Weilmünster eingewiesen. Hier bescheinigte der Arzt eine geistige Behinderung.
Bei ihrer Einweisung war Margarete schwanger, vermutlich von dem Soldaten Werner K. Dieser schrieb wiederholt Liebesbriefe an Margarete. In seinen Augen waren sie verlobt. Als die Schwangerschaft bekannt wurde, stellte die Anstalt einen Antrag auf Unfruchtbarmachung. Als Begründung hieß es: „Es liegt nicht im Interesse der Volksgemeinschaft diese Schwangerschaft austragen zu lassen, da schon 1 Kind
minderwertig ist.“ Im April 1941 wurde Margarete zwangssterilisiert, einen Monat später folgte der Schwangerschaftsabbruch.
Kurz darauf wurde ihre Ehe geschieden. Auch die Beziehung zu Werner K. hielt nicht. Von Seiten der Anstalt wurde wiederholt Druck auf ihn ausgeübt, sich von Margarete abzuwenden. Sie sei eine „verheiratete Geisteskranke“, zudem sei das Kind vermutlich ohnehin nicht von ihm gewesen. Er weigerte sich, der Anstalt zu glauben. Als jedoch offen an seiner eigenen geistigen Gesundheit gezweifelt wurde, gab er nach und löste die Verlobung.
Margarete blieb in Weilmünster. Die Anstalt entwickelte sich während des Krieges zu einer Sterbeanstalt. Tausende Menschen starben an Vernachlässigung und Hunger. Margaretes wiederholte Bitten um Entlassung blieben erfolglos. Stattdessen wurde sie am 22. April 1944 nach Hadamar verlegt. Hadamar war zu diesem Zeitpunkt eine „Euthanasie“-Tötungsanstalt. Margarete übernahm auf den Stationen Aufgaben des Pflegepersonals und konnte so überleben. Während dieser Arbeit lernte sie den Patienten Karl M. kennen. Beide überlebten die „Euthanasie“ und konnten nach ihrer Entlassung heiraten.
Wir veröffentlich in der Kampagne #Hadamar1942Bis1945 Biografien der Verfolgten und Ermordeten der „dezentralen Euthanasie“ zwischen 1942 und 1945. Hier finden sich alle bisher veröffentlichten Biografien.
Quellenangabe:
LWV-Archiv, K 12, Nr. 3950
LWV-Archiv, K 15, Nr. 564
HHStAWi, Abt. 473.3, Nr. 55