Mit der Ausstrahlung der Mini-Serie ‚Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiss‘ 1979 im deutschen Fernsehen änderte sich über Nacht die gesellschaftliche Wahrnehmung der NS-Verbrechen. Circa 20 Millionen Menschen schalteten zu, um die Geschichte der fiktiven jüdischen Familie Weiss während des Nationalsozialismus vor den Bildschirmen zu verfolgen. Dabei löste die Serie eine bisher nicht gekannte Welle der Anteilnahme aus und rückte die Verbrechen des NS-Regimes ins öffentliche Bewusstsein. Auch die Tötungsanstalt Hadamar, und damit die „Euthanasie“-Morde im Dritten Reichen, wurden in der Serie dargestellt.
Unser stellvertretender Leiter und Leiter Wissenschaft und Ausstellung, Dr. Sebastian Schönemann, untersuchte die Darstellung der Tötungsanstalt Hadamar in der Serie und präsentierte seine Erkenntnisse auf der Tagung zur „Wiederentdeckung der Krankenmorde“, die im Oktober 2023 in Hadamar stattfand.
Die Tochter der Familie, Anna Weiss, wird im Verlauf der Serie Opfer einer Vergewaltigung durch SA-Männer und steht daraufhin unter Schock. Sie spricht nicht mehr und nimmt niemanden mehr wahr. Nach Hilfe suchend, wendet sich die Familie an einen Arzt, der eine Unterbringung im „Sanatorium Hadamar“ empfiehlt. Anschließend wird Anna in einem Bustransport zu einem idyllischen Gebäude gebracht, das als „Sanatorium Hadamar“ ausgewiesen wird. Dort angekommen, werden die Patientinnen und Patienten in einen Schuppen im Wald geführt und dort durch Motorgase ermordet.
Zwar sind viele der dargestellten Szenen und Orte fiktiv und orientieren sich nur grob an den historischen Ereignissen. Trotzdem wird erstmals die Verfolgtengruppe der „Euthanasie“ gezeigt und die Ermordung von Anstaltspatientinnen und -patienten bildlich dargestellt. Hadamar dient als Symbol für diese Verbrechen.
In der Folge wurde die Serie breit rezipiert und auch in der Stadtbevölkerung Hadamars und den regionalen Medien diskutiert. Zwar verband die Darstellung der Tötungsanstalt Hadamar historische Fakten mit fiktiven Darstellungen, trotzdem wurde mit der Serie eine filmische Darstellung der „Euthanasie“ erst geschaffen und den Ermordeten durch Anna ein Gesicht gegeben.